Die Resilienz-Faktoren

Die Fähigkeit, schwierige Situationen zu überstehen

Jetzt während der Pandemie, aber auch als Aktivist*in gegen die Klimakrise, als Einzelhändler*in, der/die seinen/ihren Laden etablieren möchte oder als Kommunalpolitiker*in nach einer verlorenen Wahl – immer ist Resilienz gefragt – die Fähigkeit, sich nach einer einschneidenden Situation beziehungsweise Krise sich zu erholen und anzupassen und so einen „gesunden“ Zustand wieder zu erreichen.

Wie gut wir in der Lage sind, mit derartigen Situationen umzugehen, also wie gut unsere eigene Ressilienz ist, hängt von sogenannten Stressoren- und Schutzfaktoren ab. Beide lassen sich als nach individuellen und kontextuellen Faktoren gliedern. Individuelle Stressorenfaktoren sind beispielsweise eine hohe Erwartungshaltung, Fehlende Regeneration, Angst vor Fehlern oder ein falscher Umgang mit Emotionen. Kontextuelle Stressoren sind beispielsweise ein Hoher Workload, eine schlechte Aufwand-Ertrags-Bilanz, mangelnde Wertschätzung, unklare Ziele, eine schlechte Fehler bzw. Feedback-Kultur sowie eine ungesunde Arbeitsplatzsituation. Individuelle Schutzfaktoren sind beispielsweise eine positive Erwartungshaltung (Optimismus oder auch „positiver Pessismismus“), Selbstwirksamkeitserwartungen, eine Kontrollerwartung (ich bin Herr über mein eigenes Schicksal), (radikale) Akzeptanz, Lösungs- und Zielorientierung, Selbstreflexion und insgesamt eine positive Selbstwahrnehmung. Kontextuelle Schutzfaktoren sind beispielsweise Sicherheit in Beziehungen, Rollen- und Aufgabenklarheit, Wertschätzung und Handlungsmöglichkeiten.

Stärken Sie die Schutzfaktoren, schwächen Sie die Stressoren

Wer resilienter werden will, sollte daran arbeiten, die eigenen Stressoren zu minimieren und die Schutzfaktoren zu maximieren. Ein erster Schritt, die individuellen Stressoren zu bearbeiten, ist, sich selbst besser kennenzulernen. Möglichkeiten, seine eigenen Stärken und Schwächen herauszuarbeiten, habe ich hier festgehalten. Ein weiterer wichtiger Schritt ist, eine Geisteshaltung der radikalen Akzeptanz zu entwickeln. Dies ist sicherlich eines der schwierigeren Übungen. Was radikale Akzeptanz ist, und warum sie hilft, reslienter zu werden, habe ich in einen früherem Artikel beschrieben. Die Frage, wie ich die Welt wahrnehme, ist ebenfalls ein wichtiger Faktor beim Aufbau von Resilienz. Anders als viele andere Coaches empfehle ich dabei nicht einen uneingeschränkten Optimismus, sondern einen „positiven Pessismismus„. Dieser hat den Vorteil, dass eine kraftschöpfende Haltung auch in Krisen leichter aufrecht erhalten werden kann. Als weiterer entscheidender Punkt ist es, sich Ziele zu setzen und sich diese immer wieder ins Gedächtnis zu rufen. Gerade kleine, tägliche Ziele helfen, sich immer wieder seiner selbst zuvergewissern und zugleich Selbstwirksamkeit zu erfahren. Aber auch große Ziele helfen, in Krisen nicht die Orientierung zu verlieren. Einen Artikel zum Thema große und kleine Ziele finden Sie hier. Seine kontextuellen Stressoren zu bearbeiten, ist nicht leicht. Gerade im Berufsleben lassen sie sich nicht gänzlich regulieren. Grundsätzlich kann manchmal nur ein Jobwechsel helfen. Im privaten Umfeld lassen sich solche Dinge wie eine schlechte Aufwands-Ertragsbilanz leichter angehen. Schauen Sie dabei vor allem auf Tätigkeiten, die sie möglicherweise schon lange tun. Was bringt ihnen ihr Engagement? Sie tun es schon lange, was haben Sie dabei erreicht? Gerade hier lassen oft Dinge finden, die, wenn Sie ehrlich zu sich selbst tun, mehr aus Pflichtbewusstsein oder Routine, denn aus Leidenschaft tun. Auch wenn hier ein Ausstieg vorrübergehend, gerade wegen des Gewöhnungseffektes, mitunter nicht leicht fällt, werden Sie langfristig mehr Energie haben. Hilfreich für den Abschied ist auch eine intensive Ausseinandersetzung mit Ihren Zielen. Wenn Sie entdecken, dass die bisherige Tätigkeit wenig für Ihre Ziele eingezahlt hat, fällt der Abschied leichter.

Resilienz in Krisensituationen aufbauen

Was aber, wenn man in eine einschneidende Situation kommt, wie oben beschrieben. Hat man dann einfach Pech gehabt, wenn man nicht schon vorher resilient war? Sie können auch jetzt noch daran arbeiten, die Stressoren zu minimieren und die Schutzfunktionen zu maximieren.

In der Krise hilft es, zunächst so gut es eben geht, auf alles zu verzichten, was eine schlechte Aufwands-Ertragsbilanz aufweist. Jede*r hat bestimmt Aktivitäten die eine Menge Zeit verschlingen, aber nicht produktiv sind. Wenn es irgendwie geht, sollten Sie jetzt darauf verzichten. Sie haben gerade Wichtiges zu tun.

Auch wenn es im Moment schwerfällt, versuchen Sie, zu akzeptieren, dass die Situation eingetreten ist, wie sie ist. Helfen kann Ihnen das Konzept der Radikalen Akzeptanz, dass ich hier im Blog schon vorgestellt habe. Zugleich sollten Sie anerkennen, dass es Ihnen gerade nicht gut geht. Dabei geht es nicht um Selbstmitleid, sondern darum, sich der eigenen Emotionen bewusst zu werden. Trauer und oder Schmerz sind legitime Emotionen, mit denen die Psyche eine Situation aufarbeitet. Diese Emotionen zu empfinden ist also völlig normal und wichtig. Durch diese Rationalisierung nehmen Sie diesen Emotionen ihre Absolutheit, was sie besser ertragen lässt, Sie werden damit zugleich Herr über Ihre Emotionen.

Vergewissern Sie sich dessen, was Sie schon erreicht haben. Wenn es Ihnen gerade schwer fällt, bitten Sie gute Freunde, die sie schon länger kennen, die positiven Dinge aufzuschreiben und Ihnen zukommen zu lassen. Geschrieben haben die Worte mehr Gewicht, als wenn sie bloß gesprochen werden.

Tun sie sich etwas Gutes. In Krisensituationen prasselt eine ganze Menge negativer Emotionen auf Sie ein. Stellen Sie diesen etwas entgegen, in dem Sie etwas tun, was Ihnen sonst Freude bereitet. Beispielsweise können Sie etwas gutes Essen oder Trinken oder Sport treiben. Achten Sie nur darauf, dass es Ihnen wirklich gut tut. Die Emotionen beispielsweise in Alkohol zu ertränken, löst die Probleme nicht. Trinken Sie lieber etwas besonders leckeres in geringen Mengen. Wenn Sie beispielsweise gerne Wein trinken, gönnen Sie sich den besonders guten, auch wenn er etwas teurer ist.

Treffen Sie oder telefonieren Sie mit guten Freunden. Stabile Beziehungen geben Ihnen Halt. Sie müssen dabei auch gar nicht über die Krisensituation sprechen – zu wissen, dass jemand für Sie da ist, reicht aus.

Tun sie etwas, das Sie gut können. Hier geht es darum, dass Sie Selbstwirksamkeit erfahren. Ob sie ein Musikstück spielen, eine Runde im Park joggen gehen oder ihr Fahrrad flicken, die Tätigkeit ist eigentlich egal.

Nach einigen Tagen reflektieren Sie möglichst sachlich, was nicht gut gelaufen ist und was verbessert werden kann. Wenn etwas „nicht in Ihrer Macht“ lag, überlegen Sie wie Sie damit umgehen können oder was Sie selbst dafür tun können, dass die Rahmenbindungen, in denen ein solches Ereignis stattfindet, nicht mehr eintritt. So lernen Sie, Ihr „Schicksal“ selbst in die Hand zunehmen.