Warum gute Kommunikation mit dem Zuhören beginnt
Was unterscheidetet eine schlechte Kommunikationsagentur von einer guten? Eine schlechte Agentur bringt all ihre Energie dafür auf, Inhalte, die ihnen der Kunde vorgibt, möglichst gut, möglichst wirkungsvoll zu kommunizieren. Sie wird darauf achten, dass sie die richtigen Kanäle und das richtige Marketingmaterial wählt. Das Material wird möglichst Hochglanz, bestenfalls wird es eine „witzige“ Idee sein, etwas das der Tätigkeit des Kunden angepasst sein wird. Die Agentur wird sich vielleicht auch noch darum kümmern, einer vermeintlichen Sprach-Färbung der Zielgruppe zu imitieren, um Nähe vorzugauckeln. Eventuell wendet sie auch Konzepte an, die das Zielhaben, die Zielgruppe zu manipulieren. Doch was macht eine gute Kommunikationagentur, und was sollte überhaupt jede*r tun, der gute Kommunikation machen will, also auch gute lokale Einzelhändler, Aktivisten oder Kommunalpolitiker*innen? Sie sollte der Zielgruppe zuhören, um zu erfahren, was der Zielgruppe wichtig ist und die Kommunikation darauf abstimmen.
Die Natur hat uns eine Zunge und zwei Ohren gegeben
„Die Natur haut uns eine Zunge und zwei Ohren gegeben, damit wir doppelt so viel viel von andern hören, als wir selbst reden.“ Dieses Zitat, das dem griechischen Philosophen Epiket zugeschrieben wird, ist eine wichtiger Hinweis, der in der Kommunikation oft übersehen wird. Es bricht eine Lanze für alljene, die nicht als „Laut-Sprecher“ und „Viel-Redner“ unterwegs sind. Es zeigt auf, das Rhetorik und andere Mittel der Sender-zentrierten-Sprache zwar wichtige Mittel sind, wenn es darum geht, Menschen zu überzeugen, sie aber keine hinreichende Bedingung für kommunikativen Erfolg sind.
Doch warum ist das so? In dem Artikel Sich selbst kennen(lernen) haben wir davon gesprochen, dass die eigenen Bedürfnisse der stärkste Motor für eine Handlung sind. Das trifft selbstverständlich auch auf das jeweilige Gegenüber zu. Wenn ich möchte, dass mein Gegenüber etwas tut, was ich will, dann kann ich mein Gegenüber entweder überreden oder aber dazu zwingen, wenn ich die Macht dazu habe. Ersteres ist sehr anfällig dafür, dass mein Gegenüber es sich anders überlegt oder aber später merkt, manipuliert worden zu sein und sich zu entscheiden, nie wieder etwas von mir zu kaufen oder meinen Argumenten keinen Glauben mehr zu schenken. Ein wichtiger Grundsatz ist, dass die Kommunikation wahr ist. Lügen fallen auf und früher oder später negativ auf mich zurück. Etwas mit Macht durchzudrücken. ist insbesondere in einer Demokratie, nur schwer möglich und wird mit starkem Widerstand beantwortet werden.
Wenn überreden oder aber zwingen langfristig nicht von Erfolg gekrönt sind, dann muss ich das, was ich anbiete oder was ich etwas will, das mein Gegenüber tut, kommunikativ so aufbereiten, dass es mit den Bedürfnissen des Gegenüber übereinstimmt. Und diese Bedürfnisse erfahre ich nur, wenn ich zuhöre.
Die Kunst des aktiven Zuhören
Bloßes Zuhören jedoch ist extrem fehleranfällig. Friedemann Schulz von Thun hat das in seinem „Vier-Seiten-Modell“ sehr gut dargestellt. Die Botschaft hat eine Sache-Ebene, eine Beziehungsebene, ist Selbstkundgabe und hat eine Appell-Seite. Wenn Sie eine eine Botschaft empfangen, müssen Sie deshalb ersteinmal interpretieren, was Ihr Gegenüber wirklich sagen wollte. Erschwert wird die Interpretation dadurch, dass das Gesagte selbst etwas in Ihnen, dem Empfänger der Kommunikation, auslöst und Sie es auf der Folie Ihrer eigenen Gefühle und Glaubenssätze werten. Eventuell weckt das Gehörte auch Ihr eigenes Mitteilungsbedürfnis. Es soll jedoch in der Kommunikation eben nicht um Sie, sondern über Ihr Gegenüber gehen. Sie müssen also nicht nur passiv zuhören, sondern aktiv.
Zunächst müssen Sie ihrem Gegenüber vermitteln, dass Sie tatsächlich zuhören. Dazu sollten Sie alle störenden Faktoren beseitigen und eine Atmosphäre schaffen, in der das möglich ist. Das Smartphone und andere täglichen Hilfsmittel sollten Sie aus ihrem eigenen Blickfeld entfernen, so dass Sie tatsächlich Ihrem Gesprächspartner zuhören können. Hilfreich ist es außerdem, durch Körpersprache oder akkustische Signale zu zeigen, dass Sie zuhöre. Signalisieren Sie jedoch dabei weder Ablehnung noch Zustimmung, damit Ihr Gegenüber nicht beeinträchtigt wird. Sind Sie sich nicht sicher, wie sie etwas Gesagtes interpretieren sollten, Fragen Sie nach. Aber nicht, in dem Sie offen nachfragen, sondern in dem Sie das Gesagte parapharisieren, also umschreiben. Sie bieten somit eine konkrete Interpretation an, die Ihr Gegenüber entweder bestätigen kann, oder aber ablehnt und anders formuliert. Achten Sie jedoch darauf, mit der Umschreibung keine Suggestivfragen zu stellen – also implizite Wertungen mitzugeben, weil das mitunter eine negative Reaktion auslösen und damit die Kommunikation abbrechen kann. Fragen Sie stattdessen nach den Emotionen, die Ihr Gesprächspartner empfindet. Wenn Sie wissen, welche Emotionen jemand zu etwas entwickelt, können Sie später Ihre Kommunikation auf diese Emotionen hin ausrichten.
Conclusio – was haben Sie davon?
Als Einzelhändler können Sie ihre Produkte auf die tatsächlichen Bedürfnisse der Kunden hin ausrichten, oder Eigenschaften der Produkte betonen, die diesen Bedürfnissen entgegenkommen. Sie werden also ein bessereres Betriebsergebnis erzielen. Im politischen Diskurs hingegen sind da Grenzen gesetzt. Ihr politisches Angebot können Sie nicht beliebig ändern, weil Sie dann schnell als Oppertunist, Umfaller oder als völlig beliebig gelten. Sie können sich vielleicht der Mehrheit anschließen. Doch wenn alle dorthin streben, wird es dort sehr eng und es bleiben wenige Prozentpunkte für alle übrig. Zugleich bleiben alle links und rechts dieser Mitte politisch „unterversorgt“, so dass sich dort Kräfte festsetzen können, die der Demokratie schädlich sind. Sie können jedoch häufig ihre politischen Botschaften so ausrichten, dass Sie anschlussfähig sind. Wenn Sie beispielsweise eine Sozialpolitik umsetzen wollen, so können Sie nicht nur mit Ihrem Menschenbild argumentieren, sondern auch mit der allgemeinen Sicherheit oder damit, dass dann auch besser qualifizierte Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Selbst wenn die Ihre Politik nicht an das Bedürfnis aller anschlussfähig ist, haben Sie eine wichtige Funktion erfüllt. Sie haben den Bürgerinnen und Bürgern tatsächliches Verständnis entgegengebracht, sie fühlen sich gehört und verstanden. So lassen sich auch „bittere Kröten“ leichter schlucken. Oder aber, es finden sich andere Wege, die die Bedürfnisse von mehr Menschen berücksichtigen. Weil Sie diese kennen.