Die Verwaltung und die Ratsversammlung
In Deutschland gibt es verschiedene Regelungen in den Bundesländern (Kommunalverfassungen), die einen leicht unterschiedlichen Aufbau der demokratischen Akteure zur Folge haben. Grundsätzlich lassen sich zwei Systeme unterscheiden. Die Süddeutsche Ratsverfassung, die mittlerweile auch in Norddeutschland gilt, sowie die Magistratsverfassung, die nur noch in Hessen, Bremerhaven und in gewissen Abweichungen, in Brandenburg gilt.
In Ländern mit Ratsverfassung gibt es einen von den Bürgerinnen und Bürgern gewähltes Verwaltungsoberhaupt, das gleichzeitig Vorsitzende des Gemeinde-, Stadts- oder Kreisrats ist (Ober-/Bürgermeister*in, Landrat*in) sowie einen Rat, der sich aus gewählten ehrenamtlichen Vertreter*innen zusammensetzt, die sich ihrerseits in Wählergemeinschaften oder Parteien zusammengeschlossen haben können. Der Stadtrat beschränkt die Rechte des Bürgermeisters, in dem er durch Beschlüsse auf das Verwaltungshandeln einflussnehmen oder auch selbst beauftragen kann. In der Regel bildet der Rat sogenannte Ausschüsse, die Entscheidungen vorbereiten und sich intensiver mit bestimmten Themen befassen, bevor im Rat die abschließenden Beschlüsse gefasst werden. Im Text „Die Gemeinde verstehen Teil 1“ habe ich die Themenbereiche beschrieben, über die der Bürgermeister und der Rat in unterschiedlicher Ausprägung entscheiden dürfen.
Die Magistratsverfassung unterscheidet sich gegenüber der Ratsverfassung dadurch, dass es nicht nur ein Verwaltungsoberhaupt gibt, sondern eine Gruppe an Verwaltungsoberhäuptern, die diese Rolle als Beruf oder als ehrenamtliche Tätigkeit ausüben. Hier wird nur der (Ober-) Bürgermeister*in/der Landrat*in von den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt gewählt, die anderen „Regierungs-“ Mitglieder werden vom Rat bestimmt. Ob und wenn ja wie viele Berufspolitiker und ehrenamtliche Mitglieder im Magistrat es jenseits des Oberbürgermeisters/ der Bürgermeisterin gibt, hängt von der Größe der Gemeinde ab. Der Stadtrat hat hier einen anderen Namen, er wird Gemeindevertreter oder Stadtverordnetenversammlung genannt, da die Magistratsmitglieder die Bezeichnung „Gemeinde-“ bzw. Stadtrat führen.
Die besondere Rolle der Verwaltung und der hauptberuflichen Politiker*innen
Kommunalpolitik ist im Wesentlichen Politik von und durch Menschen, die damit nicht ihren Lebensunterhalt bestreiten, sondern die sich ihren politischen Ämtern nur in ihrer Freizeit widmen. Sie sind deshalb in der Regel keine Experten in den Themenfeldern der Kommunalpolitik, sondern bestenfalls informierte Laien, die sich durch Erfahrung oder durch populärwissenschaftliche Lektüre Wissen angeeignet haben.
Die Ehrenamtlichen sitzen nicht nur in Ausschuss- und Ratssitzungen, sondern bereiten diese auch in Fraktions- und Arbeitskreissitzungen vor. Sie sind zudem vielfach in Parteien oder Wählergemeinschaften Mitglied, die ebenfalls Sitzungen durchführen. Die Ratsmitglieder sind außerdem oft in Vereinen oder Organisationen vor Ort engagiert. Nicht nur, weil gesellschaftliches Engagement für sie selbstverständlich ist, sondern weil Vereine und Organisationen mit ihren Mitgliedern eine nicht unerhebliche potenzielle Wählerbasis darstellen. Aufgrund des hohen Zeitaufwandes können deshalb nur Menschen kommunalpolitisch aktiv sein, die sich ihre Arbeitszeit frei einteilen können, in Teilzeit oder gar nicht (mehr) arbeiten. Viele Berufsgruppen sind faktisch von der Kommunalpolitik ausgeschlossen – ihr professionelles Wissen steht der lokalen Politik deshalb nicht zur Verfügung.
Die ehrenamtlichen Kommunalpolitiker*innen sind deshalb gegenüber der Verwaltung und den wenigen hauptberuflichen Politiker*innen im Nachteil. Diese können aufgrund ihres Wissens die Lokalpolitik wesentlich prägen. Ehrenamtliche Politik kann deshalb oftmals nicht mehr als den Rahmen setzen, in dem sich das Verwaltungshandeln bewegt oder Prozesse anstoßen. Die praktische Ausgestaltung hingegen wird zumeist von der Verwaltung oder deren politischer Spitze vorgegeben. Als wichtigster Hebel der Gemeindevertreter ist der Haushalt zu sehen, der der Verwaltung vorschreibt, für welche Maßnahmen sie wie viel ausgeben darf.
Zumeist gelingt es nur den Spitzen der Fraktionen oder bestimmten Fachpolitikern, insbesondere derer, die sich zu einer Mehrheit zusammengeschlossen haben, diese Vormacht der Verwaltung und der hauptamtlichen Politik in Schach zu halten, in dem sie sich in regelmäßigen Sitzungen zusammentun und sich in Koalitionsrunden austauschen und eng abstimmen. Sie können dann selbstständig Entscheidungen herbeiführen, die die Verwaltungen umsetzen müssen.
Einflussnahme auf die Kommunalpolitik
Nach dem ich im ersten Teil die Aufgaben der Kommunalpolitik und im zweiten Teil die Akteure vorgestellt habe, gehe ich im dritten Teil der Serie darauf ein, wie Sie in dieser Konstellation Einfluss auf die lokale Politik nehmen können.